Verstoß gegen Arbeitnehmerpflichten

In dem Unternehmen A. stiegen die Abwesenheitszeiten des Arbeitnehmers B. durch Krankschreibungen kontinuierlich. Dieser Umstand wurde zunächst nur mit Besorgnis über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers zur Kenntnis genommen. Der Sachverhalt bekam zunehmend einen anderen Blickwinkel, als es fortgesetzt verschiedene Hinweise aus der Belegschaft gab, dass Herr B. gar kein gesundheitliches Problem habe, sondern diese zusätzliche „Freizeit“ für andere Zwecke nutze. Konkret wollte jedoch niemand werden.

Die andauernden Hinweise nährten den Verdacht der Geschäftsführung, dass Herr B. seine Krankschreibungen nutze, um pflichtwidrig anderen Tätigkeiten nachzugehen. Es war bekannt, dass Herr B. vor zwei Jahren einen Antrag auf Genehmigung eines Minijobs eingereicht hatte, der aber abgelehnt worden war. Die Geschäftsführung beriet sich zunächst mit ihrer Rechtsanwaltskanzlei und beauftragte anschließend die Unternehmensberatung ILV-Advisers, den vorhandenen Anfangsverdacht auf pflichtwidriges Verhalten zu untersuchen.

In der ersten Phase wurden die bekannten Erkenntnisse zu Herrn B. und dessen Absichten in Bezug auf seinen Minijob bei dem Unternahmen A. erhoben. Anschließend wurde die geplante Vorgehensweise mit der Geschäftsführung und der Rechtsanwaltskanzlei des Unternehmens A. abgestimmt. Die Ergebnisse durchgeführter Desktoprecherchen (Büroermittlungsformen) wurden mit dem erhobenen Sachverhalt abgeglichen. Daraus ergab sich, dass Herr B. seine früheren Bemühungen zur Aufnahme eines „Zweitjobs“ offensichtlich eingestellt hatte. Es wurden zunächst auch keine anderen Hinweise (z. B.: Gewerbeanmeldung) dafür entdeckt, dass Herr B. während seiner Krankheitszeiten anderen Tätigkeiten nachgeht. Allerdings bestätigten Anwohner und Nachbarn von Herrn B., dass dieser manchmal für mehrere Tage nicht zu Hause sei. Nach deren Erinnerungsvermögen stimmten die häuslichen Abwesenheitszeiten mit den Krankmeldungen im Unternehmen weitgehend überein.

Auf Grund des unklaren Lagebildes wurde nunmehr die erste operative Informationsgewinnungsmaßnahme festgelegt. Zum nächstgeeigneten Zeitpunkt wurde Herr B. an dessen Wohnadresse unter Beobachtung genommen. Durch die Observation konnte festgestellt werden, dass Herr B. augenscheinlich Mitglied in einem Verein für Sportbogenschützen ist. Einer der eingesetzten Sachbearbeiter nahm direkt vor Ort mit einem Vereinsvertreter Kontakt auf, indem er sich als Interessent ausgab. Unter den Vereinsmitgliedern war es ein offenes Geheimnis, dass Herr B. inzwischen als fanatischer Bogenschütze gesehen wird. Dessen Leidenschaft sollte so weit gehen, dass er mit zwei anderen Herren sogar regelmäßig Auslandsreisen mache, um dort mit dem Bogen die  Jagd auf Wildtiere ausüben zu können.

Durch diese Erkenntnisse lag nun die Vermutung nahe, dass Herr B. seine Krankheitszeiten dazu nutzte, sein Hobby exzessiv auszuleben. Auf der anderen Seite war es nicht auszuschließen, dass diese Art von Hobby durchaus als gesundheitsfördernd einzustufen sei, was für die Geschäftsführung bedeutete, dass noch kein konkretes Handlungswissen vorlag.

Nach weiteren Beratungen der Geschäftsführung mit ihrem Rechtsbeistand und der Unternehmensberatung ILV-Advisers fiel der Entschluss für eine weitere operative Informationsgewinnung. Herr B. sollte nun direkt kontaktiert werden, um von ihm persönlich zu erfahren, ob er die Krankschreibungen als Alibi für das Ausleben seines Hobbys missbrauchte.

Die Kontaktaufnahme wurde unter Berücksichtigung der Erkenntnisse über Herrn B. erneut als Interessent für das Sportbogenschießen über den Verein aufgebaut. Nach sorgfältiger Vorbereitung gelang es auch auf Anhieb, einen guten und vertrauten Kontakt zu Herrn B. herzustellen. In begeisterten Gesprächen in geselliger Runde stellte Herr B. sich selbst so dar, dass sein Hobby inzwischen mit Abstand das Wichtigste in seinem Leben geworden sei. Er lasse sich dafür sogar regelmäßig krankschreiben, um auf diese Art und Weise noch mehr Zeit für sein Hobby zu haben. Der gute Kontakt zu Herrn B. wurde nun dazu genutzt, einen zweiten „Interessenten“ für das Sportbogenschießen bei dem nächsten Treffen mitzubringen. Das Gespräch wurde thematisch so gelenkt, dass Herr B. sein pflichtwidriges Verhalten in Bezug auf seine Krankschreibungen wiederholte und einen zweiten unabhängigen Zeugen „produzierte“.

Mit der so gewonnenen Erkenntnislage konfrontierte anschließend der Rechtsanwalt des Unternehmens A. den Mitarbeiter B. und konnte im Interesse des Unternehmens eine abfindungsfreie einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrages vereinbaren.